Bildungsprojekte Zentralamerika

Inside Vivamos Mejor: Madeleine Colbert

Projektleiterin Bildung in Zentralamerika

Inside Vivamos Mejor: Madeleine Colbert


Madeleine leitet die Bildungsprojekte von Vivamos Mejor in Zentralamerika und kennt die Region aus erster Hand: Bis 2021 lebte sie mit ihrer Familie in Nicaragua. Im Interview erzählt sie von ihren Erlebnissen als Projektleiterin und Mutter.

Madeleine Colbert

Madeleine Colbert: Die Schulen in Honduras waren fast zwei Jahre geschlossen. Das beeinträchtigt die Bildungschancen einer ganzen Generation. Aber auch wenn die Schulen wieder offen sind, bleibt der Zugang zu Bildung insbesondere auf dem Land sehr schwierig. Während des Projektbesuchs hat mir eine Mutter erzählt, dass sie am Morgen ihr Kind über eine Stunde zur Schule begleitet. Dann wartet sie mit ihrem Baby den ganzen Vormittag vor Ort, bevor sie wieder zusammen nach Hause laufen können. Der Zugang zu Bildung für ein Kind bedeutet also einen Riesenaufwand für die ganze Familie.

Umso wichtiger ist darum in den Bildungsprojekten auch die Zusammenarbeit mit den Eltern.

Genau, viele Eltern haben oftmals selber wenig Schulbildung erfahren und messen dieser darum auch wenig Bedeutung zu. Wir sensibilisieren Eltern zu diesem Thema und unterstützen sie dabei, die Entwicklung ihrer Kinder aktiver zu fördern.

Du bist selber Mutter und hast mit deiner Familie mehrere Jahre in Nicaragua gelebt, kennst also die Lebensrealität von Kindern in Mittelamerika aus eigener Erfahrung.

Als ich mit meinem damals 2-jährigen Sohn in der Notaufnahme eines öffentlichen Spitals zu hören bekam, dass der gebrochene Finger schon noch bis zum nächsten Tag warten könne, musste ich erstmal leer schlucken. In der Schweiz sind wir es gewohnt, dass unsere Kinder die nötige Aufmerksamkeit bekommen, sei es in Bezug auf Bildung oder Gesundheit. Das lernt man schon schätzen, wenn dies plötzlich nicht mehr der Fall ist.

Und der politische Kontext in Nicaragua macht die Situation für die Kinder auch nicht einfacher.

In den letzten zwei Jahren hat die Regierung zahlreiche renommierte NGOs auf der Basis von schwer nachvollziehbaren Begründungen geschlossen. Sie übt so Druck auf die Zivilgesellschaft aus. Das bekommen leider armutsbetroffene Kinder sehr direkt zu spüren, weil plötzlich qualitätsverbesserte oder ausserschulische Bildungsangebote wegfallen, die ihnen vorher Halt gaben in einem schwierigen Umfeld. Vivamos Mejor versucht, solche Kinder trotzdem weiter zu erreichen und sich laufend anzupassen, aber es ist herausfordernd.

Zurück zu deiner Reise nach Honduras: Was soll mit dem soeben gestarteten Projekt «Vorschulbildung gegen Bildungslücken» erreicht werden?

Das Projekt stellt das Recht auf Bildung und die Bildungschancen von 3’600 Kindern im ländlichen Honduras wieder her. Es sorgt dafür, dass Kinder im Vorschulalter im Projektgebiet unter Einhaltung der nötigen Hygienemassnahmen wieder Kindergärten besuchen und dort gefördert werden. Und wir wollen den Kindern zudem einen Raum bieten, belastende  Erfahrungen spielerisch zu verarbeiten.

Wie findest du persönlich einen Ausgleich zu deinem Arbeits- und Familienalltag?

Ich bin oft draussen unterwegs und schwimme das ganze Jahr über mindestens einmal pro Woche in der Aare, auch im Winter. Das ist für mich eine Energiequelle und hilft mir, den Kopf wieder frei zu bekommen für neue Herausforderungen.